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Steffi Jüngling 
analog um die Welt
 
Reisetagebuch 07/2004 
 
 
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  1.7.2004  
 

Ab heute hatte ich mir mehr Selbstdisziplin geschworen. Konzentration auf die eigene Arbeit und aller Hitze zum Trotz: mehr Energie!

Und so begann ich meinen Tag mit Papierflieger für meine Installation falten und danach ging ich zu Izumi nach Asakusa. Wie so oft blieb ich bis zum Abend... Arbeit und Vergnügen, Freundschaft und Zusammenarbeit gehen manchmal Hand in Hand...

  2.7.2004 nach oben 
 

Eigentlich wollte ich heute mit Elba ins Kino gehen; sie hatte von einer gratis Vorstellung in Ikebukuro gelesen und da wollten wir hin. Kino ist in Japan eine recht teure Angelegenheit und kostet um die 1500 Yen, was umgerechnte etwa 12 Euro wären. Da überlegt man sich schon, ob man einen Film wirklich sehen möchte. Ja, und als wir im Kino ankamen, stellten wir fest, dass die Vorstellung eben auch 1500 Y kosten solle und entschieden uns gegen Kino und besuchten dafür ein Antiquariat in der Nähe. Dort traf ich dann unvermutet einen Kanadier, den ich mal bei diesem Buchklubtreffen kennen gelernt hatte... Ja, Tokyo ist alles in allem eine kleine Insel - keiner geht verloren und zumindest die anderen Ausländer laufen einem früher oder später immer wieder mal über den Weg...

  3.7.2004 nach oben 
 

Nachdem ich tagsüber zuhause in meinem Zimmerchen arbeitete und schmorte traf ich mich gegen Abend mit Chihiro in Shibuya auf einen Kaffee. Das Cafe war nett, mittelgroß, keine Kette und wir quatschten eine ganze Weile. Als wir irgendwann gingen, zahlten wir an der Kasse und bevor wir nach draussen gingen sagte Chihiro plötzlich-he, guck mal hoch!

Ich sah hoch und was sah ich da? Ich traute meinen Augen kaum - an der Decke des Cafes gab es innen einen Vosprung, wo die Leitungen entlang liefen und zwischen den Leitungen spazierte ganz ungehemmt eine Ratte! IM Cafe, das auch noch voll besetzt und nicht gerade leise war! Das gehört wohl dazu zum City-life...

  4.7.2004 nach oben 
 

Heute war wieder Flohmarkt in Harajuku und ich verabredet mit Elba und Gunnar. Meine Kokeshipuppe bekam zwei Geschwister und dann entdeckte ich diese Tassen mit dem Muschelmuster, wie ich mir vor drei Jahren in einem Londoner Charity-Shop ein Milchkännchen und eine Zuckerdose gekauft hatte... Vielleicht war es die Nostalgia, die mich überwältigte, aber ich musste diese drei Tassen kaufen, obwohl man sie sicher nicht als schön im herkömmlichen Sinne bezeichnen kann und Elba meinte beim Anblick auch nur, dass man die grün-braunen Glasur ja vielleicht abschleifen könne... Ich war zufrieden.

Andere Entdeckungen macht man, die einen berühren ...ganz unerwartet und manchmal auch schwer zu erklären... zwei Kisten mit lebensechten Kampf-'Barbies' und richtigen Uniformen standen zum Verkauf... die Kisten wirkten wie Massengräber...

Wir wanderten durch Harajuku, tranken Kaffee und dann machte ich mich auf den Weg zurück in meine Schuhschachtel. Bei der Hitze wird der Kopf gekocht (auch mit Hut) und denken fällt manchmal schwer und manchmal findet es einfach nicht statt... ich hatte eine Verabredung mit den ehemaligen Studienkollegen aus Kassel verpasst... zu dumm...

  6.7.2004 nach oben 
 

Morgens wacht man in einem Zimmer auf, das an ein Zelt erinnert, das man unbedacht abends so aufgestellt hat, dass es morgens nicht im Schatten steht. Alle Glieder wirken aufgedunsen und schwer. Bei nächtlichen Temperaturen von um die 30 Grad kein Wunder. Eigentlich will man gar nicht aufstehen, aber auch das Liegenbleiben ist wenig attraktiv. Ich quälte mich senkrecht und frühstückte lustlos. Bastelte an meinen Texten und machte mich dann auf den Weg zur Tokyo Opera City, wo ich mit Edda verabredet war, um die Ausstellung 'Why not live for art' anzusehen. Kunstwerke aus privaten japanischen Sammlungen wurden dort zusammen mit Statements der Sammler gezeigt. Es war eine richtig gute Ausstellung und die Texte der Sammler, gut, interessant, bisweilen witzig, vor allem aber sehr ehrlich und man konnte in der jeweiligen Sammlung den Menschen spürte. Manche Sammlungen waren so stimmig und ausgewogen, dass man mehr von dem Sammler erfahren wollte... Viele waren erfrischend offen, zum Beispiel schrieb eine/r, dass er/sie die meisten Arbeiten per Ratenzahlungen gekauft hatte... Ich entdeckte den einen oder anderen neuen Namen. Natürlich war der Ausstellungsraum gekühlt, wie eine Fleischerei und ich freute mich darauf, wieder nach draussen, an die Hitze zu kommen. Wir kauften uns einen Kaffee und irgendwelchen exklusiven Kekse (wer Japan kennt, weiss, wovon ich schreibe), setzten uns draussen in den nun angenehm warmen Schatten und wärmten unsere Glieder, wie steife Reptilien. Edda bot mir an, übers Wochenende mit in ein Farmhaus in Gifu zu kommen. Die Vorstellung von Grün und Ruhe war überwältigend-

Als ich abends in meinem Zimmer saß und gerade meine Zähne putzen wollte, sah ich aus den Augenwinkeln heraus eine Kakerlake an der Wand entlang huschen. Sie hatte bemerkt, dass ich sie bemerkt hatte und ganz offensichtlich war ihr mein Anblick genauso unangenehm, wie umgekehrt.

Wenn man allerdings auf einen Futon auf dem Boden schläft, macht einem der Gadanke an Ungeziefer noch etwas nervöser und ich hatte stellte zwei Köder auf, die ich von einer Nachbarin bekommen hatte...

Tags darauf marschierte ich in die Drogerie und bestaunte das große Regal mit allen möglichen Insektenvernichtungsmitteln. Die Zeichnungen auf den Packungen sind ja sehr erläuternd, schließlich sprach ich doch noch eine Japanerin um einen Rat an... Ich besorgte eine Großpackung mit einer Art Gift, von dem die Viecher futtern, dann zurück in ihr Nest gehen, eine Art Durchfall bekommen, an dem sich die anderen Familienmitglieder dann laben und dann sind angeblich alle tot. Zu meiner Beruhigung besorgte ich dann auch noch Papphäuser mit Klebefolie, in die die Kakerlaken durch Duftstoffe gelockt werden und dann kleben bleiben ('The Roach hotel - they do check in, but they don't check out'). Wir werden sehen, ob es was nutzt.

  8.7.2004 nach oben 
 

Ich wachte morgens in meiner Zimmersauna auf und freute mich auf die Reise nach Gifu. Raus aus der Stadt!

Endlich.

Ich packte noch meine restlichen Sachen (brauche ich noch etwas mehr Lektüre? Soll ich noch was zum Anziehen mitnehmen?) Aber es war zu heiss zum Denken und ich machte mich einfach auf den Weg zu Edda. Dort kam ich dann völlig durchschwitzt an ...und hatte das Gefühl, dass die Reise ans Ende von Tokio eigentlich schon genügend Energieaufwand sei. Wir tranken noch einen Tee, ich zog meine Mails auf meinen Computer und dann gings los. Wir fuhren mit italienischer Musik über japanische Strassen; übrigens sind die Schilder grün, so wie in bella Italia und beinahe hätten wir den Tankwart mit Ciao Ragazzo! - angeredet... Es wurde immer grüner und bergiger, bald lag die Stadthitze weit hinter uns. Wir deckten uns in einem Supermarkt noch mit Lebensmitteln ein und dann lag noch ein herrliches Freiluft-Onsen auf dem Weg, Eddas Hausonsen sozusagen. Es war immer noch sehr warm, aber auch wenn es vielleicht seltsam klingt, das heisse Nass, tat unheimlich gut und der Körper schien geradezu erleichtert endlich mal wieder in einer eindeutigen Temeratur zu sein. Und danach fühlten wir uns, wie neu geboren.

Ungefähr 40 Autominuten trenten uns noch von unserem Ziel und die fuhren wir über kleinste Nebenstrassen. Ein Reh kreuzte unseren Weg und mehrere Affenbanden. Sie sahen uns nachdenklich vorbeifahren und ich war wieder mal berührt von dem menschlichen Anblick und angeblickt Werden.

Unser Ziel war ein altes Bauernhaus mit geräumigen Tatamizimmern und umgeben von Grün. Das Wasser kam von einer eigenen Quelle und schmeckte köstlich weich; da das Wasser quasi durchs Haus geleitet wird, laufen die Wasserhähne Tag und Nacht und bieten einen beruhigenden Klanghintergrund. Allerdings zuckt die Hand in alter Gewohnheit immer wieder und man möchte den Hahn zudrehen... Bei geröstetem Weissbrot mit Knoblauch, Tomaten mit Mozzarella, kleinem Rettich mit Miso und Rotwein feierten wir unsere Ankunft im Paradies.

  9.7.2004 nach oben 
 

Nach einer himmlischen Nacht zur Abwechslung mal wieder UNTER eine Bettdecke gekuschelt, wurde ich von Edda geweckt ...Steffi komm mal...

Edda hatte mich schon vorher vor der Schlange gewarnt, die um das Haus wohnt, aber dass sie uns gleich am ersten Morgen an der Toilettentüre (das Klo liegt ausserhalb der Wohnung) begrüßen würde, damit hatte sie natürlich nicht gerechnet. Aber sie hing in dem Spalt der geschlossenen Türe, also relativ hoch und, ja hing dort einfach. Und nun?

Edda telefonierte erst mal mit Komatsu, ihrem Freund und Hausherren, der uns gelassen erklärte, das es eine grooooße Ehre sei, wenn so eine Schlange (Shima-hebi, also Insel Schlange) am Haus lebe, denn dies tue sie nur in einem netten Haus, wo sie die Menschen möge und verstehen würde (Aha). Wir sollten Kontakt zu ihr aufnehmen und nett zu ihr sein. Sie habe auch einen Namen... kurzum, alles sein in Ordnung. Naja. Wir waren nicht vollends überzeugt, aber zündeten eine Räucherspirale an, und die Schlange (schwarz, dünn, ca. 80cm lang) bewegte sich langsam in einen Winkel und dann weiter zu einem Handwaschbecken, wo man sie nur sah, wenn man wusste, dass sie da war (wenig beruhigend). Wir beschlossen auf den Schreck hin erst mal zu Frühstücken und danach hatte sich unsere Schlangenfreundin irgendwohin verzogen. Wir wandelten nur noch wie die Trampeltiere ums Haus und bei jedem Gang auf die Toilette wurde die Umgebung sondiert, aber damit kann man sich ja einrichten.

Edda übte Schifferklavier, ich schrieb und bastelte, irgendwann wurden wir hungrig und kochten... später gab es Hörspielprogramm... Elissabeth Mann Borghese in einem köstlichen Interview... draussen flogen vereinzelt Glühwürmchen und dann zog ein gewaltiges Gewitter auf.

Ein guter Tag.

  10.7.2004 nach oben 
 

Manchmal gehts einem einfach gut und man ist wie auf Rosen ge- bettet. Edda und ich wir erlegen riesige Spinnen, reden über Russland, die Transsib und die Ukraine, alles Länder zu denen wir eine persönliche Beziehung haben. Es ist paradiesisch...

  11.7.2004 nach oben 
 

Ich stöbere ein wenig auf dem Dachboden und bin stark erinnert an die Kuchenmühle in Gemeinfeld, wo ich einen Sommer lang lebte. Es wird immer kühler, regnet tagsüber ein wenig und ich fühle mich träge, wie ein Reptil, dem die wärmende Sonne in den Gliedern für die Bewegung fehlt.

Ich faltete Papierflieger und schrieb ein wenig an fälligen Texten. Aber was für einen Appetitt man bei aller Bewegungslosigkeit entwickelt!

Und dann entdeckte ich im Küchenschrank noch diese herrliche Flasche Grasovska- polnischen Wodka mit einem Bisongras...

  13.7.2004 nach oben 
 

Abschied nehmen in Sonnenschein. Eigentlich wollen wir beide bleiben. Die Aussicht, wieder nach Tokyo zu fahren erscheint wenig verlockend und wir zögern die Abfahrt hinaus und hinaus. Schliesslich machen wir uns doch auf den Weg.

In einem Laden am Wegesrand kaufen wir noch Gemüse ein und in einer ehemaligen Teeflasche ist eine Giftschlange gefangen, halb in Alkohol 'badend'. Sie wird Teil eines Getränks werden, mit dem 'müde Männer' hoffen 'munter' zu werden. Die Arme.

Von Edda ziehe ich dann voll bepackt weiter... wie eine Russin, die aus ihrer Datscha kommt. Die großen deutschen Gurken, Pflaumen, Honig, Tomaten und eine Joghurtkultur im Gepäck. Die japanischen Gurken sind kleiner und dünner; Edda hatte Samen aus Deutschland für ihre Nachbarn mitgebracht, die sie auch ansäten; ich glaube, für sie waren die Gurken aber erschreckend groß und so füttern sie sie zum größten Teil an ihre glücklichen Kühe...

Zuhause erwartete mich eine kleine Spinne auf meinem Futon... neben all dem Getier auf dem Lande wirkte sie wie eine Waise und tat mir beinahe leid...

  14.7.2004 nach oben 
 

Wieder zuhause. Die Sonne scheint und Tokyo ist heiss, wie eh und je. Ich übergebe meiner Vermieterin mein kleines Mitbringsel, eingelegten Daikon; meine große deutsche Gurke beeindruckt sie und sie schlägt eine Gesichstmaske vor (mit 70 -finde ich gut...). Ich nehme meinen Stadtalltag wieder auf, mit Erledigungen, E-Post und Ausstellungs-vorbereitungen. Ich fühle mich gelüftet und gestärkt für alles, was so ansteht...

Auch der Joghurt scheint sich hier wohl zu fühlen und abends kochte ich die kleinen, gelben Pfläumchen noch zu Kompott... souvenirs für den Gaumen...

  16.7.2004 nach oben 
 

In meiner Schusseligkeit waren mir die Medikamente ausgegangen und ich musste zum Arzt gehen, um mir Nachschub zu besorgen. Der DAAD empfahl mir, in die Sekuchi Klinik zu gehen, die im OAG Haus untergebracht ist. Die Klinik entpuppte sich als ein einziger Raum, dessen verschieden Funktionen (Büro, Labor und Behandlungszimmer) durch einen Vorhang abgetrennt waren. Der Arzt war ein berühmter Kardiologe, der auch mal in Deutschland gearbeitet hatte und mir zu Beginn der 'Behandlung' erst mal ein Buch mit seinen Fotos aus Deutschland zeigte. Die Praxis war sein Altershobby. Er blätterte meine Unterlagen durch, liess sich einige Seiten von der Sekretärin kopieren (zum Studium, wie er sagte) und suchte dann 10 Minuten nach Notfallausweisen für Herzkranke, die er selbst gestaltet hatte, um sie mir vorzuführen. Dann endlich suchte er mir in seinem schlauen Buch mein Medikament heraus, schrieb ein Rezept und erklärte mir den Weg zur Apotheke...

Meine Tabletten waren abgezählt und typisch für Japan, jede einzeln verpackt. Mittlerweile verstehe ich diesen Verpackungswahn allerdings besser, denn bei dem feucht fröhlichen Klima ist das wirklich eine Notwendigkeit.

  17.7.2004 nach oben 
 

In Shin Kiba, einer Insel, die aus einer Mülldeponie mit dem malerischen Namen Yumenoshima- Trauminsel entstanden ist, wollte ich heute zu einer Ausstellungseröffnung gehen; der Titel der Ausstellung ist 'collapsing histories' und zeigt Künstler, die sich mit der Geschichte im weitesten Sinne befassen. Ein Teil der Ausstellung findet in 'meiner' Galerie ef statt und der andere in einem Museum, das für ein japanisches Fischerboot gebaut wurde, das zufällig in der Nähe eines Bikini Atolls war, als die Amerikaner in den 60er Jahren dort einen Atomversuch starteten.
Die Künstler waren eine Mischung aus Japanern und Amerikanern, viele von ihnen hatten in ihre Familengeschichte direkt mit Krieg zu tun und ihre Arbeiten thematisierten dies. Zur Eröffnung waren alle Künstler anwesend und ich es gab interessante Gespräche... zum Beispiel mit einem amerikanischen Künstler, der während DES 11. September in einem historischen Gebäude eines englischen artist-in-residency Programm lebte, wo es keinen Fernseher gab und er erst ein paar Tage später beim Einkaufen verwundert über die TVs, die überall liefen, fragte, was denn los sei...

Vor dem 11.September war in Deutschland ja eher die Frage gewesen, was man gemacht habe, als die Mauer fiel...

  18.7.2004 nach oben 
 

Ich war mit Elba und Gunnar auf einem Antikmarkt verabredet und schlenderte entspannt entlang, da ich mir ja eh nichts kaufen wollte - bis ich mich in eine Teeschale verliebte, auf den ersten Blick.

Sie ist aus rotem Ton mit einer sehr dicken weissen Glasur, die an Schnee und Eis erinnert, aber meinen Geldbeutel sprengte und vor allem das, was ich auf dem Flohmarkt ausgeben wollte... Aber es half nichts... der Händler gab mir 2000 Yen nach, um mir die Entscheidung zu erleichtern... ja, und wieder in Deutschland werde ich meinen Freunden jetzt exklusivst japanischen Matcha servieren können. Freut Euch darauf!

Abends fand ein Fest gleich um die Ecke statt und Kondo-san, unser Vermieter, nahm Mina und mich, die gerade zuhause waren, mit. Es wurde getanzt, gelacht und getrunken.

Wieder zuhause machte ich mich wieder ans Falten für die Ausstellung und sah mir dabei 'A fish called Wanda' an.

Ob Erwin Wurm seine Inspiration für seine Installationen-Interaktionen mit Menschen von dem Film bekommen hat?

  19.7.2004 nach oben 
 

Zur Belohnung fürs fleißige Falten besuchte ich heute einen netten Second Hand Buchladen in Takadanobaba. Ich tauschte ein paar Bücher und fand dort die DVD einer britischen Fernsehsendung (the Book Club) und die deutsche Ausgabe von Cees Notebooms 'Mokusei!'.

Wenn man vor die Türe tritt, ist es als würde man in einen Pudding eintauchen. Nach den klimatisierten Räumen ist dies immer wieder eine wärmende Wohltat.

  20.7.2004 nach oben 
 

Nach eineinhalb Stunden Busfahrt auf dem Weg nach Nagoya hatte ich Cees Notebooms Buch Mokusei! ausgelesen. Es ist eine kurze Geschichte, die sehr gut die gemischten Gefühle und Romantik der Ausländer gegenüber Japan beschreibt.

Abends sah ich mir wieder, wie üblich in Toyota DVDs an, diesmal zwei: Shrek1 und Spiderman1. Ich weiss auch nicht, in welcher Phase ich momentan bin. Mein Gemüt lechzt nach Hollywood. Unersättlich. Es ist heiss und ich sehe bis 2 h nachts Filme.

  21.7.2004 nach oben 
 

Die Zikaden zirpen und rasseln ohne Unterlass. Es sind große Insekten, die sich aus ihrer Haut schälen und an manchen Bäumen sieht man ihre Hüllen wie kleine Insektengeister hängen. Ihr Rasseln erinnert mich an das österliche Ratschen in manchen Teilen Bayerns und ich höre es eigentlich gerne. Es ist sehr laut und durchdringend, und ich muss an meine Australienreise vor einigen Jahren, die in meiner Erinnerung wie aus einem anderen Leben erscheint denken. Irgendwo im Outback hatte ich mich, den Motorradhelm noch auf dem Kopf gewundert, wo denn dieses laute Greräusch herkomme; es waren auch Zikaden gewesen - als ich den Helm abnahm war es so ohrenbetäubend, dass ich mir irgendwannn Toilettenpapier in die Ohren stopfte, nur um meinen Ohren etwas Ruhe zu gönnen. Es half wenig. Nach etwa einer Stunde hatte ich dieses taube Gefühl im Ohr, das sich normalerweise nur nach life Konzerten einstellt.

Seltsame Stimungen überfallen mich momentan immer wieder. Und auch die Museumsbesuche, die mich sonst immer wieder auf Trab bringen, können mich nur teilweise und kurzzeitig aufrichten. Vielleicht liegt es and er Hitze, die jede Bewegung zur Anstrengung macht.

Die Ausstellung, die ich im Toyota Museum of Contemporary Art besuchte beschäftigte sich mit dem Narzissus Mythos, und dem sich einer Wasseroberfläche nähern. Die Mischung aus Bilder aus allen Epochen, die alle mehr oder weniger Wasser zeigen war erfrischend und anregend. Es gab ein Bild vom Meerd as aussieht, wie überlappende Futons (von einem japanischen Maler), das mir sehr gut gefiel.

Abends gab es wieder zwei Filme, diesmal Toy Story1 und Password:Swordfish. Toy Story finde ich super. Als Kind hatte ich mir immer vorgestellt, dass meine Puppen und Plüschtiere nachts zum Leben erweckt werden. Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen, wenn sie auf den Dachboden weggepackt wurden... In dem Film wurde ich an so viele Kindheitsgefühle erinnert... und entführt in beinahe vergesene Gedankenwelten... to infinity and beyond.

  22.7.2004 nach oben 
 

Mit Toy Story2 und Bridget Jones Diary setzte ich mich aufs Bett und faltete Papierflieger. Das ist wohl das interessanteste, was ich über den Tag schreiben kann...

  25.7.2004 nach oben 
 

Als ich wieder in Tokyo ankam war ich glücklich. Die Hitze der Stadt umfing mich, aber ich fühlte mich umarmt und in Empfang genommen. Ich merke immer wieder, wie gerne ich diese Stadt mag und lasse meine Augen wie Angelhaken durch die Menge treiben.

Irgendwer oder irgendwas beisst immer an.


so gehts mir gerade

  30.7.2004 nach oben 
 

Um den Ueno Park befindet sich eine Zeltstadt, in der Obdachlose leben. Aber es ist eigentlich wie auf einem ruhigen Festival, geordnet und gesittet... die Schuhe werden ordentlich vor die improvisierten Zelte gestellt. Als Heringe werden alte Schirme verwendet.

Abends besuchte ich ef Galerie, um mir in Asakusa das große Feuerwerk anzusehen. Auf den Strassen herrschte Volksfeststimmung, viele junge Japanerinnen trugen schöne Yukatas, leichte Sommerkimonos und das Feuerwerk wurde auf unzähligen Telefonen festgehalten. Ich fuhr mit der letzten Bahn zurück nach Nakano.

   
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  ©2004 Steffi Jüngling