Home  Übersicht  
 
Naoshima
Steffi Jüngling 
analog um die Welt
 
Reisetagebuch 09/2004 
 
 
Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16
    17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30
   
  1.9.2004  
 

Der Imperial Palace stand heute auf unserem Programm und wir, machten uns auf den Weg zu dem Palast, der immer noch ein Wohnsitz der kaiserlichen Familie ist, auch wenn sie ihn seit mehreren Jahren nicht mehr genutzt haben. Zunächst einmal muss man sich in das Büro begeben und dort eine Besuchserlaubnis beantragen. Dann wird man zur nächsten Führung zugelassen.

Die Japanerin, die uns führte war eine kleine, schmächtige Frau, die ein altmodisches Mikrofon in der Hand und um die Schulter einen tragbaren Lautsprecher in 60er-Jahre Design trug. Ihre Steifheit passte zur Führung, die uns Besucher nicht im Zweifel darüber liess, dass wir hier geführt und geduldet wurden, aber eben nur für eine begrenzte Zeit.

Mehrere Tore führen auf den Palastgrund, eines darf nur vom Kaiser selbst und vielleicht von hohem Staatsbesuch durchgangen werden (auch die Kaiserin müsste ein anderes Tor benutzen würde sie alleine in den Palast kommen ...).

Der Garten war wunderschön; mir gefiel ein Spiel, das uns erklärt wurde:
An einem Ende eines Bächleins wurden Schiffe mit Sakegläsern ausgesetzt und Männer saßen weiter unten am Ufer in Fließrichtung des Flusses und mussten, wenn sie ein Boot sichteten schnell originelle Haikus dichten; war das Haiku gut, durften sie den Sake vom Boot nehmen und trinken, sonst mussten sie den Sake vorüber fahren lassen...

Den Thronsaal durften wir nur aus der Ferne sehen und unser Guide kommentierte: we never allow visitors inside. Aha.

Die letzte Krönung fand übrigens in Tokyo statt, vielleicht vor 15 Jahren und der Kaiserthron wurde dafür eigens aus Kyoto nach Tokyo eingeflogen, per Hubschrauber...

Wir beschlossen, den Tag mit einem eher weltlichen Kulturgut abzurunden und fuhren nach Fushimi-Inari, wo sich der Fuchschrein befindet, den ich Anfang des Jahres bereits besucht hatte.

Ich bekam von meiner Ma eine Glocke, mit der man das Gute bei Bedarf herbeibimmeln kann; sehr nützlich wie ich finde.

  2.9.2004 nach oben 
 


Naras Einheimische, Rehe sind in Japan göttliche Boten

Im Reiseführer stand, dass sich ein Ausflug nach Nara nur bei gutem Wetter lohne. Na prima, dachte ich nach dem Aufstehen, denn es tröpfelte bei in Japan ungewohntem grauem Himmel.

Wir fuhren übers Land mit dem Zug nach Nara, das etwa eine Stunde von Kyoto entfernt liegt. Nara ist die Wiege Japans, mit 800 Jahre alten Tempelanlagen.

Am Bahnhof bekamen wir eine Führung durch Nara mit einem Volunteer-Guide angeboten und wir sagen zu. Unser Guide ist eine ältere Dame, Aya, die einmal in der Woche als Freiwillige-Führerin arbeitet. Sie begleitet und führt uns ohne Zeitlimit und endlich kann meine Ma all ihre Fragen zur japanischen Kultur und Lebensweise stellen, die ich nicht beantworten kann.

Als wir an einen nicht gerade interessanten Weiher in der Stadt kommen, erzählt Aya seine Sage:

Eine Edelfrau, die in den Kaiser verliebt war, ertränkte sich in diesem See, da der Kaiser ihre Liebe nicht erwiderte. Auf wundersame Weise wurde sie zu einem Gott und ihr wurde ein kleiner Schrein am Rande des Sees gebaut, dessen Eingang-Sichtseite allerdings nicht zum See hin liegt, sondern auf der anderen Seite so dass die Göttin nicht immer an ihren Tod erinnert wird...

Überall in der Stadt bewegen sich Hirsche einzeln und in Rudeln langsam und gemächlich. Sie werden als Boten der Götter angesehen und dem entsprechend geachtet und besonders von den japanischen Touristen begeistert gefüttert.

Aya führte uns im Regen in einen traumhaften kleinen Park, den ISUIEN Garten. Er war in der Meiji Zeit (1868-1912) angelegt worden und sie empfahl, ihn zu besuchen, selbst wenn es regnete. Sie hatte recht. Der Garten war wirklich traumfaht angelegt und man konnte sich vorstellen, stundenlang vom Teehaus oder dem Hauptgebäude aus in den Garten zu blicken und zu meditieren, oder über die Pfade zu wandern.

Im hinteren Teil des Gartens lernten wir, was eine gorbogte Landschaft ist, nämlich, wenn man Architektur und Grün, das ausserhalb des Gartens liegt optisch so mit Grün umrahmt, dass sie aussehen als gehörten sie zu einem ferner liegenden Gartenstück...

Im Haus-Tempel der großen Buddastatue, der größten in Japan hat eine Säule ein Loch. Wenn man durch das Loch hindurch klettern kann, so sei einem Glück beschieden... Leider stellte ich mich als leicht oversized heraus, schade- aber selbst der schlangenschlanke Japaner verlor beinahe seine Hose...

Vor dem Tempel steht eine verwitterte Statue, die einen leicht erbärmlichen Eindruck macht; ein Anhänger Buddhas, der sich besonder auf magische Kräfte verstand, begann öffentlich seine Magie vor zu führen und wurde für Buddha wohl etwas zu übermütig. Deswegen wurde er angewiesen vor dem Tempel als Hüter zu sitzen. Er ist in vielen Statuen abgebildet worden, die meist von Wind und Wetter gezeichnet sind und etwas rührendes an sich haben.

Abends bezahlen wir das Ryokan und bekommen als Dakeschön zwei riesige Nagelklipper, mit denen man sicher einem ausgewachsenen Elefanten die Nägel schneiden könnte. Danke!

  3.9.2004  nach oben 
 

Morgens fuhren wir weiter nach Hiroshima und checkten in einer furchtbaren Spelunke ein, die dreckig, unansehnlich, aber immerhin günstig gelegen war.

Meine Mutter wollte ja vor allem das Peace Museum besuchen, das uns beide aber sehr enttäuschte. Zu Beginn der Ausstellung wurde lange und breit die Geschichte Hiroshimas ausgebreitet, bis man zum Abwurf der Atombombe gelangte. Man dachte bei sich schon, endlich.

Irgendwie wirkte die ganze Ausstellung unemotional, klinisch und uninteressant, was bei dem Thema schon eine Leistung ist. Wir waren enttäuscht und beschlossen noch einen Ausflug nach Miyajima zu machen, um das Tori-Tor im Meer und die dazu gehörige Tempelanlage zu besichtigen.

Es war eine gute Entscheidung; der Tag war schön, erfrischend windig und wir schlenderten durch die Tempelanlage und sahen uns dann noch einen anderen Tempel, der von einem Feudalherren als buddhistische Schule gespendet wurde. Der Innenraum des auf einem Hügel gelegenen Tempels war fast leer und das alte Holz strahlte eine Ruhe und Dauer aus, dass man augenblicklich still und ausgeglichen wird. Man staunt, atmet setzt sich hin und möchte eigentlich bleiben.

Das Gebäude war beeindruckend, vor allem weil es groß und wirklich fast leer war. Was für ein Gedankenraum!

  4.9.2004 nach oben 
 

Morgens suchten wir ein Cafe zum Frühstücken und fanden ein kleines altes Jazz-Cafe, wohl in den frühen 70er Jahren eingerichtet und seitdem nicht verändert. Was auch für die Küche galt, von der meine Mutter behauptete, sie sei vielleicht auch seit den 79er Jahren nicht geputzt worden, wie wir im Vorbeigehen sehen konnten. In einer eigenen Rösterei wird der Kaffee geröstet und wir stärkten uns für den Tag und die Schifffahrt nach Shikoku, bevor wir zum Hafen fuhren. Auf dem Schiff bezogen wir Plätze in in einem der Teppichräume, in denen sich nichts befindet außer einem Teppichboden, den die Japaner sofort in Beschlag nehmen und ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen:
Schlafen. Wir packten den mitgebrachten Stoff aus, den wir in Kyoto gekauft hatten, um Kissenbezüge für meine Installation zu nähen...

Endlich kamen wir in Matsujama an und besuchten zuerst einen der Tempel, die zu dem Pilgerweg der 88 Tempel gehörte und den ich bereits mit Mariko und Yuko besucht hatte.

Dann gingen wir ins Dogo Onsen. Es ist wirklich ein erstaunlicher Ort, Badetempel und die älteren Damen, Einheimische, die sich im heissen Waser labten begannen kleine Gespräche mit uns. So stelle ich mir das Paradies vor.

  5.9.2004 nach oben 
 

Wir reisen auf japanische Art und Weise, jeden Tag geht es weiter, zu neuen Abenteuern. Heute fuhren wir zunächst mit dem Boot nach Naoshima. Ich war an dem Kunstprojekt dort interessiert, konnte mich aber bei der Überfahrt nicht mehr genau erinnern, woher ich davon gehört hatte und was genau. Auf der Webseite waren die englischen Informationen eher spärlich gewesen und ich fragte mich, auf was ich mich nun wieder eingelassen hatte...

Wir kamen auf dem Benesse Gelände an und checkten erst einmal in unser Pao, eine mongolische Jurte ein, in der wir die Nacht verbringen würden und machten uns dann auf den Weg ins Dorf, das das Art House Projekt beherbergte. Über 200 Jahre alte Häuser wurden in enger Zusammenarbeit mit Künstlern in Häuser für Kunst umgewandelt und dabei bewahrt. Die Arbeiten wurden in enger Zusammenarbeit zwischen Künstler, Architekten und dem jeweiligen Haus entwickelt. Leider hatte ein Taifun eines der Häuser getroffen und war nicht zu besichtigen, aber die anderen Arbeiten waren sehr stimmig und griffen ihre Umgebung sensibel auf, besonders eine Arbeit für einen Schrein... wo eine gläserne Treppe den Schrein mit einer Höhle verband.

Die Arbeiten im Dorf hinterliessen ein zwiespältiges Gefühl, denn es waren nur Künstler auf internationalem Niveau ausgewählt worden und die Arbeiten passten sich zwar sehr gut in den jeweiligen Raum ein, aber nicht in die Begegnung dieser 'non-white-cubes'...

Der Taifun hatte auch eine Arbeit der japanischen Künstlerin Kusama Yayoi zerstört einen überdimensional großen Kürbis, der auf einem Landungssteg am Meer stand, schade.

Wir machten weiter uns auf den Weg zum Chichu Art Museum, von dem ich noch nichts gehört hatte, das aber in der Nähe der anderen Anlage stand.

Am Eingang bekamen wir einen Schock: nicht nur, dass das Museum 2000 Yen Eintritt kosten sollte, also runde 16 Euro pro Nase, sondern zudem sollten wir noch unterschreiben, dass wir keine Fotos machen würden und nichts berühren, weder die Architektur noch die Kunstwerke. Wir waren bereits ein wenig gereizt ob dieser Vorschriften und verärgert über den sanften Druck, den die Angestellten mit höflich neutralen Smiles ausübten ...und wurden dann von einem Museum überwältigt, wie ich es noch nie erlebt habe.

Ich fühlte mich wie in eine perfekte Kunst-Matrix versetzt.

Die ausgestellten Arbeiten waren nicht zahlreich, aber sie bildeten eine derartige Einheit zwischen Architektur, Kunst und Erleben, dass man sich wirklich mit offenem Mund durch das Gebäude bewegte. Fotografieren war ja leider verboten ...und so streiften wir wie Eindringlinge durch die perfekte Architektur...

Turell, Monet, Richard Long und Walter de Maria sind die hand verlesenen Künstler, deren Arbeiten hier optimal präsentiert und inszeniert werden, wobei kleine japanische Museumsangestellte immer wieder führend eingreifen-

please take off your shoes

please go this way

when you go too far there will be a sound signal, please do not go further...

Immer wieder öffnet die Architektur Blicke auf den Himmel, der bei unserem besuch grau war und neben dem der Beton bräunlich und lebendig schimmerte. Ich glaube ich kann sagen, dass ich noch nie eine Architektur erlebt habe, die derart natürlich mit Beton umging.

Nach eineinhalb Stunden schloss das Museum und wir wurden wieder in die Realität entlassen. Wir wanderten zurück zu unserem Pao, wo wir von einer Kakerlake empfangen wurden, die sich frei wie ein Hausgeist bewegte und sich nicht weiter von unserem kurzzeitigen Besuch stören liess...

  6.9.2004 nach oben 
 

Beim Check out wurden wir vor dem heranziehenden Taifun gewarnt. Wir bekamen einen japanischen Wetterbericht ausgedruckt...und wanderten zu dem Art House Museum, ein anderes Gebäude, das von dem japanischen Architekten Tadao Ando gebaut worden war, diesmal um Kunst und Menschen zu beherbergen, denn im Museum gibt es 5 Hotelzimmer, die auch mit Kunst bestückt sind. Auch hier fiel wieder das sensible Zusammenspiel zwischen Kunst und Architektur auf, wenn auch nich in der Konsequenz des Chichu Museums.

Dann begann unsere Reise ans Ende der Welt, nach Tokushima. Als wir dort ankamen stürmte es. In der Touristen-Information sprach keiner Englisch, dafür wurden wir von oben bis unten wie Ausseridische gemustert. Ich fühlte mich von Anfang an unwohl an diesem Ort. Wir wurden in den 6.Stock eines Department Stores verwiesen, wo es ein Büro für die ausländischen Bewohner gab, das auch die Touristenauskünfte erteilte. Alle waren langsam und irgendwie lustlos. Ich fragte nach dem Deutschen Haus, eine Gedenkstätte für die deutschen Kriegsgefangenen, die dort während und nach dem 1. Weltkreig lebten und wollte Informationen über das Museum. Die Angestellte erzählte vor allem, dass es dort Puppen gab, die die 9.Sinfonie von Beethove spielten, die hier zum ersten mal in Japan aufgeführt wurde und von dort aus die japanischen Herzen eroberte...ach ja und dann gäbe es einen Souvenirshop, wo man Bierkrüge kaufen könne. Ich sah sie an und meinte, dass dies ja nicht sonderlich attraktiv klänge und sie schwieg betroffen.

Überhupt wurde uns kiloweise Infomaterial ausgehändigt, wobei wir uns fragten, was es denn eigentlich wirklich zu sehen gäbe-

Mich nervte die gelangweilte Athmosphäre und ich spürte, wie ich mich mhr und mehr fragte, was ich denn hier wollte...in diesem von allen Göttern verlassenen Nest. Aber gut, am kommenden Tag wollten wir uns eine Puppen Theater Vorstellung ansehen und eigentlich wollte ich zu dem ersten Tempel des Tempelrundweges auf Shikoku.

Als wir das Department Store verliessen, regnete es in Strömen und uns blieb eigentlich nur ein wenig in der Stadt bummeln...Mich stimmte der Ort mehr und mehr missmutig und ich begann mich unheimlich auf Tokyo zu freuen...

  7.9.2004 nach oben 
 

In der Nacht hatte der Sturm ein Konzert veranstaltet, das unseren Schlaf störte ...aber wir standen freudig auf, Puppentheater und dann ab nach Tokyo... dachten wir.

Der Busfahrer, der uns zum Puppentheater bringen sollte war nett und lustig. Er hatte Naoshima und die Kunst im Vormonat besucht, war aber nicht wie wir im billigeren Pao abgestiegen, sondern in einem der fünf Zimmer im Museum, die für 2 Personen pro Nacht 5man Yen, also 50.00Yen, umgerechnet etwa 400 Euro kostete. Wir waren beeindruckt und das nette Schwätzchen half uns über unsere Enttäuschung hinweg, als wir am Awa-Ningyo Puppet Theater hielten und dort nur eine kurze Nachricht stand, dass das Theater wegen des Taifuns geschlossen sei.

Ok dachten wir, dann ab nach Tokyo. Wir kauften das Ticket, kauften uns o-bento, also ein Lunch und wollten zum Zug gehen ...als wir erfuhren, dass alle Züge bis auf weiteres gestoppt seien, wegen des Taifuns.

Vielleicht, ja vielleicht würde am Abend ein Zug fahren, vielleicht. Wir saßen 5 Stunden im Bahnhof; nach und nach schlossen alle Geschäfte und das Pfeifen des Windes nahm mehr und mehr zu, die ganze Stimmung war irgendwie bedrohlich. Meine Mutter packte unseren Stoff aus und nähte Kissen in Herzform für meine Ausstellung - was für ein Bild!

Wir mussten eine weitere Nacht bleiben gingen zurück in unser billiges Ryokan und kauften uns Abends erst mal ein paar Bier-

  8.9.2004 nach oben 
 

Der neue Tag ist strahlend und unschuldig ...wir können es gar nicht glauben, dass die Türen des Bahnhofs über 5 Stunden geklappert hatten und der Wind uns um die Ohren gepfiffen hatte und wir eine Nacht länger in Tokushima hatten bleiben müssen. Aber jetzt ging es endlich weiter und zurück nach Tokyo. Ich verkürzte die Fahrt mit Grishams 'Firma', das Buch war vom International Center in Tokushima ausgemustert worden und hatte mir den Sturm etwas verkürzt.

Und dann kamen wir endlich im herbstlich warmen Tokyo an, hungrig und erschöpft von der vielen Warterei des Vortages.

Tadaima, sagt der Japaner. Zuhause.

  9.9.2004 nach oben 
 

Früh fuhr ich dann mit Mutti nach Ueno und wir verabschiedeten uns ...während sie im Zug nach Narita, zum Flughafen düste, begab ich mich in den nächsten McDonalds und frühstückte und danach bereitete ich den Ausstellungsaufbau im Love-Hotel vor.

Ich traf mich mit Ayano, der Assistentin in ef, die mir helfen würde und als sie mich sah, klärte sie mich erst mal auf, dass jetzt die Zeit der FlipFlops vorbei sei (ich trug welche).

Es sei jetzt ja Herbst.

Ja und plötzlich merke ich auch diesen goldenen Schimmer in der Luft; es ist nicht mehr feucht-heiss sonder eher satt-warm.

Wir machen uns an die Arbeit und runden den Tag mit einem herrlichen Ramen, also chinesischer Nudelsuppe in meinem Lieblingslokal in Asakusa ab.

  10.9.2004 nach oben 
 

Ein innerer Schalter wurde umgelegt. Ich habs fast nicht gemerkt, aber ich bin nicht mehr ganz DA; sonder ein kleiner Teil von mir befindet sich bereist wieder auf der Rückreise. Heute, nach dem Aufbau im Hotel habe ich mir einen Karton besorgt, um den ersten Teil meiner Sachen zu packen.

Ich komme todmüde nachause, beginne aber doch, Unnötiges zu verpacken und aus zu sortieren.

Später gibts noch eine alte Staffel 'Sex&the city'.

  11.9.2004 nach oben 
 

Es gibt so viel zu tun für die Ausstellung, dass ich gar nicht weiss, wo ich beginnen soll oder kann.

Am liebsten möchte ich mich ans Meer setzen und in einem Schaukelstuhl wippen. Jemand müsste mir einen leichten Weisswein reichen und mich angenehm plätschernd unterhalten. So stellte ich mir den Tag idealerweise vor. Nix da. Listen erstellen, einkaufen gehen, vor dem Computer kleben und 39 Hotelzimmer textlich bestücken... In meinem nächsten Leben schaffe ich mir einen persönlichen Assistenten an. Nahm ich mir vor.

  12.9.2004 nach oben 
 

Der rote Wein als Treibstoff zum Arbeiten hat zwar gestern gut funktioniert, aber einen kleinen Systemschaden an mir verursacht. Ich versuche meine Glieder mit leichten Arbeiten zu sortieren, zum Beispiel dem überfälligen Wegbringen meiner bunten Flaschensammlung. Es ist ein wunderbarer Tag, aber statt über Flohmärkte zu bummeln und Kaffee zu schlürfen werde ich mich wieder den Nahkampf mit diversen Texten und Lay-out Geschichten proben müssen. Da macht sogar Spülen Spass.

  14.09.2004 nach oben 
 

Tja, wie beim echten Hausbau, weiss man auch in der Kunst, bzw. beim 'Bau' des imaginären Hotels vorher nicht, auf was man sich enlässt; hatte bis um 5 gearbeitet und um 8 wieder aufgestanden, um Baumwolle abzuholen, mit denen ich die Kissen für den room4love in ef Gallerie stopfen möchte...

  18.09.2004 nach oben 
 

room4love hält mich weiterhin täglich auf Trab; daneben hat die Zeit begonnen in der jede Ruhephase über Bord geworfen wird. Ich bin erschöpft und seit Tagen freue ich mich auf einen ruhigen Abend zuhause in meiner Schuhschachtel, mit einer DVD, mir wurde zum Entspannen blond life empfohlen ...aber es kommt nicht dazu und ich versuche die Menschen, die mir hier etwas bedeuten zu treffen, gegen jede Müdigkeit. Eine schlafwandlerische ZeitNähe etwas spielerisches hat und ich an das japanische Sprichwort ichi go ichi e denke:

einmal treffen, einmal im Leben

Was soviel heisst, wie Carpe Diem, geniesse den Moment.

In der U-Bahn hängen Werbungen , wie folgende:

'Was brauch ich Venedig, wenn ich den Sumida River habe' ...na, ich weiss nicht, ob es da nicht doch einen Unterschied gibt...

Ich habe noch kein Ticket für die Rückreise gekauft. Noch bin ich ganz da, in Abschiedsstimmung, aber noch nicht in Ankunftsstimmung. Ich bin müde und der bevorstehende Neuanfang liegt mir quer im Magen. Ich habe mir eine Zwischenstation verordnet: Shanghai und Peking. Ich werde mit dem Schiff nach Shanghai fahren, 2 Tage auf See und mir die Zeit nehmen um Abschied von Japan und meiner Zeit hier zu nehmen. Ich schreibe bereits Bewerbungen und werfe Angelhaken in die Zukunft aus. Wird ein Fisch anbeissen? Wo und was für einer?

  19.09.2004 nach oben 
 

Mein Wecker klingelte um 7h und ich stellte ihn gewohntheistmässig aus, dehte mich herum und murmelte zu mir selbst ...noch 5 Minuten. Als ich wieder auf den Wecker sah, war es 7.49h. MIST, in 10 Minuten war ich vor einer Polizeistation verabredet, um mit meinen Freunden zum Friedhof zu gehen. Sie würden Blumen ans Grab der Familie bringen und danach in einem Hotel frühstücken gehen. Ich zog mich in Windeseile an, schnappte meine Tasche und einen Kaugummi und rannte los. Um 8.04 war ich am vereinbarten Treffpunkt und wünschte, ich hätte eine Sonnenbrille dabei...

Der Besuch auf dem Friedhof war kurz, aber konzentriert. Nachdem das Grab kurz gesäubert worden war trat jeder einzeln vor den Stein, zweigte ein Blatt vom Strauss ab, benetzte es mit Wasser und legte es auf den Grabstein. Ich dachte natürlich an meine Oma, zu deren Beerdigung ich nicht hatte kommen können und war froh, über diese Gelegenheit, auf einem Friedhof zu sein.

Danach gingen wir in das Akasaka Prince Hotel, fuhren in den 40.Stock und nahmen am Frühstücksbuffet teil. Wir fühlten uns danach wie die Schlange zu Beginn des kleinen Prinzen... Das Buffet war phantastisch und die Aussicht an dem strahlenden Tag wunderbar.

Später fuhr ich wieder nachause, um mich für die Eröffnung vor zu bereiten und endlich mal meine Schuhschachtel aufzuräumen. Eine zweite Box zum Versenden steht jetzt neben der bereits gepackten. Ich glaube noch gar nicht, dass ich bald aufbrechen werde und in mir sträubt es sich gegen die Festlegung eines Termins.

   
  08/2004   |   Übersicht   |   10/2003 >
  ©2004 Steffi Jüngling